
Musik- und Bewegungstheater aus dem Tessin, Schauspiel aus der Deutschschweiz, Zirkus und Tanz aus der Romandie – dieses Jahr bringt fanfaluca alle zusammen.
Vom 9. bis 14. September 2025 findet in Aarau zum zwölften Mal das Jugend Tanz- & Theaterfestival fanfaluca statt. 10 Gruppen zeigen ihre Kreationen auf den Bühnen der Alten Reithalle und auf öffentlichen Plätzen in der Innenstadt. Mit dabei sind Kompanien aus der Romandie (FR, GE, VD), der Deutschschweiz (BE, SO, ZH) und dem Tessin. Neben den Aufführungen geben zwei Residenzgruppen in der Tuchlaube am Samstag Einblick in ihr Schaffen und auch unter der Woche laden die Gruppen in Nachgesprächen das Publikum dazu ein, mit den Spielenden und der Programmgruppe ins Gespräch zu kommen.
Fluchtgeschichten im Theater, Liv Strömquist auf der Bühne
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Theaterproduktionen liegt auf Geschichten über, von und mit geflüchteten Menschen: Die 39 Schüler:innen des Liceo a Teatro in Lugano zeigen in Zusammenarbeit mit der Gruppe Grande Giro die Inszenierung «Oltre le Onde» (dt. «Jenseits den Wellen»). In ihrer musikalischen Interpretation des Aeneis-Epos wird der Titelgebende Held in das 21. Jahrhundert versetzt. Er durchlebt als Migrant die rauen Realitäten, welche Geflüchtete im Mittelmeerraum jeden Tag erfahren.
Auch die Compagnie Tohu Wa Bohu zeigt mit «Nos yeux sont tombés sur la route» (dt. «Unsere Augen fielen auf die Strasse») ein Theaterstück über Migration und Flucht. Die Gruppe aus Genf, welche sich aus Schauspielenden mit und ohne Fluchterfahrung zusammensetzt, bringt die Geschichten des Ensembles auf die Bühne. Die strengen Migrationsrouten nach Europa und die Erlebnisse in Camps werden in der Inszenierung musikalisch, körperlich und mit angemessen absurdem Humor dem Publikum vorgetragen.
Ebenso autobiografisch arbeitet das Kollektiv POMO (Pour Oser Mal Obeir, dt. «um schlechten Gehorsam zu wagen») in «Des choses que je sais depuis toujours» (dt. «Dinge, die ich schon immer wusste»). Inspiriert vom Comic-Universum Liv Strömquists verhandelt die Performance Fragen zu Sexualität, Initmität, dem eigenen Verlangen, aber auch Gewalt und Sexismus. In Schreibetappen haben sich die Beteiligten mit den Begriffen auseinandergesetzt, um das entstandene Textmaterial anschliessend auf der Bühne szenisch umzusetzen. Es ist eine performative Auseinandersetzung mit der eigenen Körperlichkeit, die sich nichts gefallen lässt und widerständig ist. Es ist ein Aufschrei gegen sexualisierte Gewalt und die Unzufriedenheit einer jungen Generation. Die Inszenierung spricht nicht nur junge Erwachsene an, sondern wird über ihre Kreativität und Musikalität einem breiteren Publikum zugänglich. Vor dem Stück wird die Festivaleröffnung im Kasinopark Aarau gefeiert mit «violett & fluffig» der Deutschschweizer compagnie labounce.
Eigenständige, junge Zirkuskompanien
Für die diesjährige Ausschreibung für fanfaluca 2025 wurden Gruppen angehalten, sich auch mit Kurzstücken für das Festival anzumelden. Eingegangen sind ganz unterschiedliche Produktionen von physical theatre, Zirkus- und Tanzkompanien aus der ganzen Schweiz. Teil davon sind Nachwuchsgruppen, welche ihren ursprünglichen Jugendgruppen entwachsen sind und bereits ganz eigenständige Produktionen erarbeitet haben: Die Kompagnie Moamême hat sich an der Zirkusschule «Toamême» in Fribourg kennengelernt. Als Zusammenschluss junger Artist:innen sind sie mit «Virgule, je t’aime» (dt. «Komma, ich liebe dich») bei fanfaluca dabei. Geführt von verliebten Gesten und grossen Emotionen wirbeln die Spielenden in Balanceakten, Hebefiguren und Akrobatik durch die Lüfte. Es ist eine waghalsige Performance und ein Liebesbrief an die Liebe selbst.
Genauso im Kinder- und Jugendzirkus kennengelernt haben sich die Mitglieder der compagnie labounce. Mit ihrer Kreation «violett & fluffig» waren sie bereits auf öffentlichen Plätzen in Bern und Solothurn unterwegs. Spielerisch und humorvoll antworten sie dabei auf die vermeintlich einfache Frage «Wie geht es dir?». Im Rausch von Tanz und Zirkus wird der öffentliche Raum zum Gefühlslabor. Bis sich zum Schluss der Reigen auftut und auch das Publikum dazu eingeladen wird, mitzutanzen.
Die Programmgruppe 2025
Die Ausschreibung zur Mitwirkung in der fanfaluca-Programmgruppe 2025 stiess auf grosses Interesse: In der Programmgruppe für die 12. Festivalausgabe kamen neun Personen zwischen 17 und 26 Jahren aus der Romandie, Graubünden und der Deutschschweiz zusammen. Der Bezug der zum Festival ist sehr unterschiedlich. Einige kennen fanfaluca aus der Publikumsperspektive. Andere waren in vergangenen Jahren Teilnehmende und hatten nun Interesse, selbst gestaltend mitzuwirken. Wieder andere hatten davon gelesen oder gehört und waren neugierig, inwieweit sie die eigenen Erfahrungen im Theaterspiel oder Tanz sowie aus den entsprechenden Ausbildungen in das Anschauen von Tanz- und Theaterproduktionen und den Austausch darüber einbringen können. Äusserst anregend wirkten sich die verschiedenartigen Anbindungen, Kontakte und Erfahrungen der einzelnen Personen aus. Teilweise unterschiedliche Seh- und Wahrnehmungsgewohnheiten, Erwartungen an das Festival, Kenntnisse aus dem Studium, die Vernetzung, Interessen und Vorlieben für die Vielfalt darstellender Künste (Schauspiel, zeitgenössischer Zirkus, Tanz, Perfomance) sowie praktische Spiel- und Tanzerfahrungen sind vertreten.
Jugend Tanz Theater Festival Schweiz
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