Story

Würstchen, Wohnsiedlung oder Spülmaschine

Ausstellung Werner Erne: die Schönheit im gewöhnlichen sehen
Würstchen, Wohnsiedlung oder Spülmaschine

Ob Würstchen, Wohnsiedlung oder Spülmaschine: Der Aarauer Fotograf Werner Erne (1931-2024) verstand es, wie kein anderer, Alltägliches in exakt arrangierte Bildkompositionen zu verwandeln. 2020 hat der Wahlaarauer seinen Nachlass dem Stadtmuseum Aarau übergeben: 206’000 Einzelbilder in 27 Umzugskartons. Das Museumsteam hat das Material seither aufgearbeitet, erschlossen, inventarisiert und daraus eine bildstarke Ausstellung kuratiert. Literarische Bildbeschriebe von Klaus Merz ergänzen ausgewählte Fotografien mit einem Augenzwinkern.

«Werner Ernes Nachlass ist ein wertvolles Stück Regional- und Fotogeschichte, welches die bedeutende Fotosammlung des Stadtmuseums, um eine wichtige zeitgenössische Perspektive ergänzt»

Laura Aellig, Kuratorin der Ausstellung «werner erne: die schönheit im gewöhnlichen sehen»
Laura Aellig, Kuratorin der Ausstellung «werner erne: die schönheit im gewöhnlichen sehen»

Aarau durch Ernes Linse – ein Altstadtrundgang
Erne hielt als Werbe-, Industrie- und Architekturfotograf die Arbeitswelten in Aarauer Traditionsfirmen wie Kern, Trüb oder Gloria fest. In seinem Atelier rückte er Bonbons, Röhrenbildschirme oder Geschirrspülmaschinen für Werbeprospekte ins rechte Licht. Als Mitgründer und Fotograf des Kellertheaters «Innerstadtbühne Aarau» prägte er die lokale Kulturszene. Der Stadtrundgang «Aarau durch Werner Ernes Linse» von Aarau Info geht zentralen Stationen seines Wirkens nach und lässt spannende Hintergrundgeschichten aufleben.
Die Führung kann als Gruppenangebot gebucht werden.

27 Umzugskartons gefüllt mit Aarauer Foto- und Regionalgeschichte
Ernes starker Gestaltungssinn und sein Gespür für Linien, Flächen und Strukturen zieht sich durch sein gesamtes Werk. Sein fotografischer Nachlass ist eine wertvolle zeitgenössische Ergänzung der hauseigenen Fotosammlung von bedeutenden Aarauer Fotograf:innen des Stadtmuseums Aarau.

Lederschuhe, Wohnsiedlungen und Wienerli: Panoptikum aus 50 Jahren Fotografie
Im Stil der neuen Sachlichkeit lichtete Werner Erne für Firmen wie Halter, Bally und Hero Produkte des täglichen Lebens ab. Als Architekturfotograf für Metron oder Fritz Frei Architekt AG fotografierte er das damals moderne Wohnen und den Massenwohnungsbau in beeindruckenden Schwarz-Weiss Kompositionen. An seinen Bildern für Werder und Schmid (Audio und Video-Geräte), Gloria (Glühbirnen), Jura Zement oder Kern (Zirkel und andere Präzisionsinstrumente) lässt sich die rasante Veränderung des Schweizer Industrie- zum Dienstleistungssektor mitverfolgen. Die Kulturstadt Aarau hat er nicht nur an Renntagen im Schachen für das Buch «Passion Pferderennen» festgehalten, sondern auch mit seinem Engagement für die «Innerstadt Bühne Aarau» mitgestaltet. Eine Diaprojektion in der Ausstellung führt zurück zu seinen fotografischen Anfänge und seiner Reiseleidenschaft: Als junger Mann war er mit seiner Kamera im Gepäck in Nordafrika unterwegs und brachte Fotografien nach Hause, die sowohl von seiner Neugierde und Offenheit als auch von seiner respektvollen Art Menschen zu begegnen, zeugen.

Mutmassungen von Klaus Merz
Einen ganz persönlichen Blick auf Werner Ernes Werk wirft der Schriftsteller und langjährige Freund Klaus Merz. Er hat für die Ausstellung 15 Fotografien ausgewählt und literarische Bildbetrachtungen – sogenannte «Mutmassungen» – verfasst. Die poetischen Texte öffnen eine erweiternde und inspirierende Ebene der Bildinterpretation.

Von Reisen in Nordafrika über Zürich ins Aarauer Atelier
Der in Zürich geborene Werner Erne war ursprünglich gelernter Glasbläser. Er brach zwei Jahre nach Lehrabschluss per Autostopp nach Nordafrika auf. Von seinen Wanderjahren blieb die Lust am Reisen und der Wunsch, das Fotografieren zum Beruf zu machen. Er absolvierte die Fotofachklasse an der Kunstgewerbeschule in Zürich bei Hans Finsler, dessen sachlicher Bildsprache er immer treu blieb. 1960 zog er mit seiner Frau Ruth Peterhans in ihre Heimatstadt Aarau und führte ein Fotoatelier für Werbe-, Industrie- und Architekturfotografie. Von 1971 bis 1996 war Erne zudem selbst als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Zürich tätig.

Werner Erne analog 1931-2024. Das Buch zur Ausstellung
Ab Ausstellungseröffnung ist es im Schweizer Buchhandel, beim Herausgeber Verlad und am Museumsempfang erhältlich. 29. Franken, 152 Seiten

Veranstaltungsprogramm

Mittagstisch mit Kurzführung
Mittagsmenü und Kulturprogramm unkompliziert kombiniert. Ein Blick hinter die Kulissen: Die Registrarin und die Konservatorin des Stadtmuseums zeigen ihre Arbeit mit den Fotografien von Werner Erne.
Di, 19. Aug, 12-13.15 Uhr
Anmeldung: stadtmuseum.ch/mittagstisch
Öffentliche Führungen mit Wegbegleiter:innen
So, 31. Aug, 14 Uhr mit Mianne Erne
So, 21. Sep, 14 Uhr mit Bernhard Lehner, Filmemacher

GONG-Konzert: Schall und Auch
Das GONG-Improvisationsorchester bespielt die Ausstellung in einem klingenden Rundgang und lässt das Publikum in Ernes vielschichtige Wahrnehmungswelten eintauchen.
Sa, 6. Sept, 18.30 Uhr
Reservation: [email protected]

Klaus Merz und Werner Erne: Zwei Ausstellungen, gemeinsame Veranstaltungen
Klaus Merz und Werner Erne verband eine langjährige Freundschaft: Da im Forum Schlossplatz am 5. September die Ausstellung «AUSSEN IST INNEN. Klaus Merz» eröffnet, findet ein gemeinsamer Schreib-Workshop und eine Lesung im Stadtmuseum Aarau statt.

Und dahinter das Wort
Schreib-Workshop inspiriert von Texten von Klaus Merz und Werner Ernes Fotografien mit Maria Ursprung vom Theater Marie.So, 28. September, 11-14 Uhr, 30 Franken
Anmeldung: stadtmuseum.ch/wort

Die Wunderschuhe anziehen!
Lesung mit Klaus Merz und Melinda Nadj Bonji
22. Oktober, 18.30 Uhr im Stadtmuseum Aarau
Tickets: [email protected]